Neustart für Niki und Simon 28
Heute neue Einheiten 🙂
165. Niki
Mein Vater legt mir mein Handy und Kopfhörer auf den Tisch. »Aber nicht übertreiben.«
Ich verdrehe die Augen. Inzwischen geht es mir schon besser. Musste mich nur drei Mal übergeben und ich kann sitzen. Das aufstehen wiederum führt eben zu den dreimal, aber aufs Klo muss ich halt auch mal.
»Ich soll dich von deiner Mama grüßen.«
»Wann darf ich hier raus?«, frage ich ihn.
»Ich weiß, dass du gerne scherzt, aber du bist schlau genug, um zu wissen, dass du mit der Gehirnerschütterung …«
Das Handy unterbricht ihn. Bevor ich danach greifen kann, hat er es in der Hand. »Dein Freund.« Er schaltet es aus.
»Papa!«
»Du kannst später mit ihm reden, morgen wäre mir lieber, aber so, wie ich dich kenne, hältst du dich eh an keine Regel.«
»Du bist doch auch hier und redest mit mir, warum geht das nicht mit ihm?«
»Weil ich erstens Arzt bin, zweitens dein Vater und drittens nicht Schuld, dass du hier liegst.«
»Nur weil ich auf dem Weg zu ihm gewesen bin, heißt das nicht, dass er schuld ist. Oder hat das Mama dir eingetrichtert, weil das klingt nach ihr.«
Er atmet tief ein und aus. »Wir lassen sie jetzt mal außen vor, nur du und ich.«
Genervt verdrehe ich die Augen, nicke aber.
»Im Moment ist viel los. Ich mache mir Sorgen. Ja, du hast recht, das hätte auch auf dem Schulweg passieren können, ist es aber nicht. Versprich mir nur, dass du vorsichtiger bist und es ruhiger angehen lässt.«
»Ich liege doch hier, oder nicht?«
»Ja, aber statt dich auszuruhen, hast du Besuch gehabt und willst jetzt stundenlang dich mit ihm unterhalten.«
»Er war ja nicht mal hier.« Vielleicht hat er vorher schon versucht anzurufen.
Er seufzt. »Er ist wohl schlauer als du gerade.«
Meine Stirn bildet Falten.
»Du brauchst Ruhe, darum werde ich jetzt gehen.« Er küsst mein Haar. »Gute Nacht und mach nicht so lang.«
Noch bevor mein Vater raus ist, schalte ich es an, um Simon eine Nachricht zu schreiben.
166. Simon
Weggedrückt. Wow. Ist sie echt sauer auf mich? Mir fällt kein guter Grund dafür ein. Außer die Situation heute Morgen. Aber, dass sie gleich so reagiert. Das verletzt mich dann doch.
Schweigend lege ich das Handy auf den Küchentisch und starre vor mich hin. Was sollte ich nun machen? Mich entschuldigen? Doch wofür in Dreiteufelsnamen?
Mein Handy blinkt auf und ich sehe ihren Namen mit einer Nachricht.
»Sorry, mein Vater …«, dann verschwindet sie und es steht nur noch »eine Nachricht von Dominique« auf dem Display.
Ich zögere. Doch sie scheint nicht sauer zu sein. Sonst hätte sie mir kein sorry geschrieben.
Ich rufe die Nachricht auf.
167. Niki
»Sorry, mein Vater hat mir mein Handy weggenommen.« Abgeschickt. Tief atme ich durch. »Ich fühle mich einsam und …« Soll ich das wirklich schreiben? Hat Felix wirklich recht oder soll ich mich mehr öffnen, aber wie geht das? Und was ist, wenn es ihn abschreckt und Felix eben nicht recht hat? Was ist, wenn genau meine Verschwiegenheit, dass ich meine Probleme mit mir aus hader, das ist, was Simon gefällt?
Ich reibe meine Lider. Lösche die zweite Nachricht und beginne neu: »Felix war heute zu Besuch, anscheinend hat es sich schnell herumgesprochen, dass ich zu dumm bin, eine Straße zu überqueren. Papa lässt mich nicht vor morgen raus. Gehst du morgen wieder zur Schule?« Schnell schicke ich es ab, bevor ich es mir anders überlege.
Als ich meinen Nachrichten durchscrolle, sehe ich eine Mitteilung von meinem Bruder. Seufzend drücke ich auf anrufen.
»Wie geht es dir?«, höre ich ihn sofort, nachdem das Klingeln verstummt.
»Kopf tut etwas eh, ich habe blaue Flecke und … aber egal, wie geht es dir und Oma?«
»Mir gut, viel zu tun in der Firma.« Das Kopfschütteln kann ich gedanklich sehen. Das tut er immer, wenn ich etwas mache, wo ich nicht über mich reden will. »Oma, ihr geht es so weit gut, sehe sie nicht allzu oft. Aber zurück zu dir, wie hast du das angestellt?«
»Tollpatschig halt und in Gedanken.«
Er schnaubt. »Okay, du willst nicht reden, ist auch gut, leg dich hin und schlaf etwas, wir reden morgen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, legt er auf. Na toll, er ist sauer.
169. Simon
Warum habe ich das Gefühl, sie hat mir nicht das geschrieben, was sie eigentlich schreiben wollte? Ich reibe meinen Nacken. Das Mädchen war zum Teil verschwiegener als eine Auster.
Mehrfach setze ich an, um ihr eine Nachricht zu schreiben. Zu viele Gefühle, die auf mich einstürzen und die ich gerade am liebsten über sie schütten möchte, wie ein Blumenmeer. Doch ich weiß nicht, was sie davon halten wird. Demnach lösche ich sie und antworte auf ihre zweite Nachricht.
»Ich bin mit Absicht nicht zu dir gekommen, da du dich ausruhen solltest. Morgen komme ich dich besuchen, wenn du mir sagst, ob du dann noch im Krankenhaus oder zu Hause bist. Ja, solche Nachrichten machen schnell die Runde. Davon ab, bist du nicht zu dumm, eine Straße zu überqueren. Der Typ hat wohl nicht zum ersten Mal jemanden angefahren, so wie mir mein Vater vorhin sagte. Es war allerdings nur eine kurze Nachricht, mehr weiß ich noch nicht. Ob ich morgen zur Schule gehe, hängt ehrlich gesagt von meiner Laune und von dir ab.«
Schnell schicke ich die Nachricht ab, ehe ich sie noch zehn Mal umschreibe.
Ich vermisse sie und hoffe, sie ist morgen noch im Krankenhaus. Auf ihre Mutter habe ich überhaupt keine Nerven. Allerdings hält mich das nicht davon ab, sie zu besuchen. Es würde nur meine Nerven schonen.
170. Niki
Ich starre den Bildschirm an. »Von dir«, lese ich immer wieder. »Warum zum Donner von mir? Ich kann ja schlecht sagen, komm her!« Ich bin schon wieder genervt und mein Kopf beginnt zu dröhnen wie eine Schlagbohrmaschine. Seufzend lege ich es weg. Ich sollte etwas schlafen. Meine Hand geht zur Fernbedienung, ich lasse den Rollladen hinuntergleiten und schalte das Licht aus. Normal müsste ich noch Zähneputzen, aber dafür habe ich grade nicht die Muße. Davon ab weiß ich nicht mal, ob ich das überhaupt überstehen würde, ohne mich zu übergeben.
Ich schließe meine Lider und atme tief ein und aus. Meine Gedanken, die jetzt Ruhe geben sollten, tun genau das Gegenteil. Hätte ich den Unfall vermeiden können? Hätte ich einfach nur Simon eine Nachricht geschrieben, dass er den Rucksack zur Schule mitbringen soll. Hätte ich eine andere Straße genommen … Immer mehr bringt mir dieses Karussell Kopfschmerzen und ich eile so gut, wie ich kann, zum Klo. Gerade noch rechtzeitig erreiche ich die Schüssel.
Keuchend setze ich mich daneben. Aber mein Kopf gibt Ruhe.
Ich liege auf den Badezimmerfliesen, als ich wieder die Lider öffne.
»Hier bist du«, höre ich meinen Vater. »Hast du dich wieder übergeben?«
Ich kann nur nicken. Mein Kopf hat das Bohren nicht eingestellt. Der Würgereiz überkommt mich erneut. Zum Glück ist mein Magen leer.
»Du gehörst ins Bett und hast striktes Besuchsverbot.« Er hilft mir, aufzustehen. Im Moment kann ich es nur bejahen, da ich einfach nur ins Bett will und den scheiß hinter mir lassen.
171. Simon
Eine Weile warte ich auf eine Nachricht, doch es kommt keine mehr. Schade. Entweder bin ich ihr zu nahe getreten oder sie weiß darauf nichts zu sagen.
Frustriert lege ich mich ins Bett. Besuche ich sie morgen oder nicht? Sie hat nichts geschrieben.
Bei ihren Eltern will ich auch nicht anrufen, mir ist die Gefahr zu groß, ihre Mutter ans Telefon zu bekommen, denn da würde keine vernünftige Information für mich bei herumspringen.
Ich schloss die Lider. Warum ist das immer alles so irre kompliziert? Ich verstehe es nicht.
Meine Nacht ist unruhig und ich bin mehr wach, als dass ich schlafe. Immer wieder schaue ich aufs Handy, doch keine Nachricht von ihr. Was ist da los?
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