Neustart für Niki und Simon 17
Heute neue Einheiten 🙂 und da kommen noch sehr viel mehr
97. Niki
»Danke«, rufe ich noch schnell aus. Ich weiß gerade nicht, was ich von der Situation halten soll. Und um ehrlich zu sein, habe ich mir seinen Vater weitaus strenger vorgestellt. Es ist ja nicht so, dass mein Vater es nicht tut, vor anderen, nur bei meiner Mutter versucht er eher zu schlichten und das dauernde umziehen kann er sich nicht verkneifen. Da habe ich mit meiner Mutter weitaus schlimmere Probleme. Für sie wäre es am besten, wenn ich Knigge persönlich wäre, dann erst würde sie stolz auf mich sein. Zumindest kommt es mir so vor. Daher kenne ich es ab und zu, wenn sich die eigenen Eltern vor einem stellen, aber ein vollkommen Fremder, das ist mir neu.
»Schau mich nicht so an, da läuft ein Film«, sage ich zu Simon.
Kopfschüttelnd wendet er sich nach vorne.
Ich blicke zum Film. »Ich habe einen Bruder, er lebt bei meiner Oma, wegen seiner Ausbildung«, sage ich leise. »Selbst er meldet sich nicht mehr bei uns. Ein paar Mal hat er geschrieben, ansonsten schweigt er.« Keine Ahnung, warum ich das erzähle, aber es tut gut. »Es war leichter mit ihm, diese Umzüge zu ertragen.« Traurig schlucke ich. »Aber seit er weg ist, habe ich das Gefühl, es ist schlimmer geworden. In den letzten zwei Jahren sind es fünf Schulen gewesen.« Vorsichtig sehe ich zu ihm. »Und sie wollen es einfach nicht verstehen, wie es mir dabei geht.«
98. Simon
»Gott, das ist bitter«, entfährt es mir, ohne dass ich es mir verkneifen kann. »Also meine Eltern sind ja auch zum Teil recht sonderbar, doch auf so Ideen kämen sie nicht. Ja, ich habe auch die Schule gewechselt, aber weils auf der Alten nur noch Terror gab. Trotzdem war ich sauer, dass meine Eltern mich an der Neuen angemeldet haben.« Ich zuckte hilflos mit den Achseln. »Allerdings sind das Peanuts und es war von mir eher Bockigkeit. Dass ich mich da selbst mit kaputtgemacht hätte, war mir nicht klar. Doch die Zusammenhänge habe ich eben nicht verstanden. Seitdem ich weiß, wer der Neue meiner Mutter ist, bin ich da mehr als dankbar.«
Sie starrte auf den TV, aber keiner von uns folgte dem Geschehen auf der Mattscheibe mehr.
»Aber wenn sie doch schon ein Kind vergrault haben, warum lernen deine Eltern nicht? Wollen sie das Ganze nun so weit treiben, bis du es deinem Bruder nachmachst? Und sich dann hinstellen und jammern?«
Was waren das für Menschen, denen es egal war, wie es ihrem Kind ging? Aber gut, meine Mutter ist ja nicht anders.
99. Niki
Ich schlucke meinen Klos hinunter und muss lächeln. »Das habe ich meinen Eltern auch gesagt.« Es ist ein komisches Gefühl, wenn eine so gesehen Fremder das genauso sieht. »Anderes Thema, sonst brauche ich einen Sandsack.« Kurz reibe ich meine Lider. »Bis vor drei Jahren, waren wir immer, wenn mein Vater Urlaub hatte und wir Ferien, auf einem Hof. Da habe ich reiten gelernt. Es gab da ein Mädchen, die ist geritten wie der Teufel, sie wollte Jockey werden.« Ich muss lachen. »Ich habe noch nie auf ein Pferd gesessen und sie hat gemeint, du hast eine Verbindung mit ihnen. Und schon hat sie mich hochgehoben. Schadow flitzte los, ich ohne Sattel und die Zügel konnte ich nicht greifen, also habe ich mich an der Mähne festgehalten. Ich hab geschrien.« Kurz äffe ich nach, wie ich ausgesehen habe. »Aber Shadow, es ist so ein tolles Pferd gewesen, keine Ahnung, wie sie es gemacht hat, aber ich bin nicht gefallen. Bis ich mich beruhigt habe, lief sie mit mir und dann hat sie mich zurückgebracht zu ihr. Aber ich wollte nicht mehr hinunter. Seitdem liebe ich Pferde.« Ich zeige auf die Pokale. »Du bist erstaunlich, wirklich. Auch, wenn mich das nie getriezt hat, weiß ich doch, wie viel Arbeit das ist, vor allem in unserem Alter, wenn jeder Hans und Kunz noch mein, er ist ein Reiter.«
100. Simon
»Respekt«, sage ich und empfinde es auch so. »Auf diese Art reiten zu lernen ist alles andere als leicht oder normal.« Sie zuckt einfach die Achseln. Wahrscheinlich weiß sie nicht, was das bedeutet, so an den Reitsport dran zu gehen. Viele machen sich ja schon vor den Tieren per se in die Hose.
Dann deute ich auf die Pokale. »Danke. Die meisten meinen immer, das ist mal eben gemacht. Ebenso wie sie die Arbeit hinter einem Tier nicht sehen. Auch wenn man es gern macht, ist es viel Arbeit.«
Sie nickte und schien zu warten.
»Ich habe Pferde schon immer toll gefunden. Seit ich denken kann, wollte ich immer nur Pferde sehen. Meine Tante hatte eines. Ich konnte nicht mal laufen, da setzte sie mich schon auf den Pferderücken und sie ist mit mir stundenlang durch das Gelände geritten. Klein Simon war mega happy. Das hörte allerdings auf, als ich dort runter musste. Da war Land unter. Mein Vater hat sich das Ganze eine Weile angesehen und dann bekam ich mein erstes Pony. Ein Shetlandpony. Lady. Eine völlig durchgeknallte Nudel. Aber ich habe sie heiß und innig geliebt. Letztes Jahr ist sie in meinen Armen eingeschlafen. Das war der härteste Tag in meinem Leben. Viele haben mich belächelt, weil ich sie nie hergegeben habe. Ich habe immer gesagt, meine Tiere bleiben bei mir bis zum letzten Tag. Das habe ich jedem meiner Pferde versprochen und ich breche keine Versprechen.«
101. Niki
»Das ist ein tolles Versprechen, wirklich.« Mein Blick geht auf die Uhr. »Und die beiden sind wirklich tolle und elegante Stuten.« Ich seufze. »Könntest du mir kurz das Klo zeigen?« Ich muss nicht wirklich, aber irgendwie weiß ich gerade nicht, was ich sagen soll, es ist alles so verwirrend für mich.
»Klar, einfach den Gang runter, erste Tür.«
»Danke«, sage ich und laufe los. Im Bad wasche ich mein Gesicht. »Ich bin so inkompetent«, seufze ich und lehne meinen Kopf an den Spiegel. »Okay, streng dein Kopf an, du bist doch nicht vom Pferd gefallen.« Mir fällt jedoch nichts ein. Vielleicht mache ich mir was vor und ich bin in der Hinsicht wirklich dumm wie Stroh. Langsam gehe ich zurück. Simon hat uns Reiswaffeln aufgemacht. Irgendwie muss ich darüber schmunzeln. Ich nehm wieder Platz und schaue in den Bildschirm. »Ich quatsche und quatsche, willst du nicht etwas von dir erzählen. Keine Ahnung, was machst du sonst, außer reiten?« Verstohlen sehe ich zu ihm.
102. Simon
»Ich hör dir ganz gern zu«, gestehe ich leise. Wirklich wohl ist mir bei dem Geständnis nicht, aber sie ist ehrlich zu mir. So kann ich das auch sein. »Ich erzähle nicht gern von mir, wie du wahrscheinlich auch nicht. Zu viele haben das in meinem Leben ausgenutzt. Da wird man vorsichtig. Aber wem erzähle ich das.«
Einen Moment betrachte ich sie. »Ich bin gern mit dem Rad unterwegs und fahre Cross Rennen. Die Pokale da sind zwar nur vom Reiten, aber es gibt auch noch einige vom Cross. Die haben nicht mehr hier hingepasst. Ansonsten haben wir im Keller einen kleinen Werkraum. Dort arbeite ich gern mit Holz und erschaffe Dinge. Das Regal da zum Beispiel ist von mir oder das Schachspiel im Wohnzimmer. So was eben.«
Sie starrt mich erstaunt an.
»Was machst du denn, wenn du nicht im Reitstall bist? Ich glaube, du hast gesagt, dass du gern im Wald bist, oder?«
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