Neustart für Niki und Simon 25
Heute neue Einheiten 🙂 und da kommen noch sehr viel mehr
149. Niki
Das Möchten steht gerade außer Frage, ob ich das schaffe, ist die weit größere Aufgabe. »Wollen ist nicht das, was gerade zählt, Simon. Ich bin keine achtzehn, sie sind diejenigen, die heute sagen können, wir ziehen hier weg und ich muss mit.« Vorsichtig lege ich meinen Kopf auf sein Schulterblatt. »Ich habe das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, halbwegs angekommen zu sein«, flüstere ich.
Er seufzt nur und streicht dabei über meinen Rücken.
Heißt das jetzt er versteht, was ich meine, oder ist das eher genervt? Zum Haareraufen. Ich fühle mich so inkompetent. »Was geht dir durch den Kopf?«, will ich leise wissen.
150. Simon
»Dass es scheiße ist, nicht über sich selbst bestimmen zu können. Und dass ich mit meinem alten Herrn echt in vielerlei Hinsicht einen ziemlichen Luxus habe«, gestand ich. »Ich will dich nicht verlieren. Und wenn du bereit dazu bist, gehe ich bis zum Ende der Welt mit dir. Ja und wenn sie umziehen wollen, auch das bekommen wir irgendwie hin. Was sagst du?«
Sie sieht mich mit riesengroßen Augen an. Ist das nun zu ehrlich? Ist es das, was sie nicht hören möchte?
Doch da sie sich nicht aus meinen Armen windet, sondern noch fester hineindrückt, gehe ich nicht davon aus, dass ich etwas Falsches gesagt habe. Oder eher gesagt hoffe ich es … ahhh … warum sind Beziehungen so kompliziert?
151. Niki
Simon und ich betreten die Wohnung. Den Currygeruch aus der Küche, sagt mir schon mal, es wird scharf und meine Eltern sind sich nicht wirklich einig. Tief atme ich durch. Kann ich das alles irgendwie stoppen? Jeden weiteren Schritt zur Küche verknotet sich gefühlt noch mehr mein Magen und mir wird schlecht. Tief atme ich durch. »Da kannst du deine Jacke ablegen«, sage ich leise zu ihm und zeige dabei auf mein Zimmer.
Er lächelt mich an. Ist das ein gutes Zeichen? Ohne ein Wort geht er in mein Zimmer. Langsam folge ich ihm. Er steht einfach da in der Mitte und sieht sich um. Hab ich was Peinliches herumliegen lassen?
»Sehr sporadisch«, sagt er leise.
»Einiges ist kaputtgegangen, als wir umgezogen sind«, antworte ich, obwohl es keine Frage gewesen ist, aber ich habe das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen. »Es erleichtert einen Umzug.«
»Dann hast du ja viel Platz dafür«, meint er, dreht sich zu mir und zieht aus seiner Jacke das Holzpony, was er geschnitzt hat.
Ich will was sagen, aber ich weiß nicht was. Schnell wische ich mir die Tränen von der Wange.
»Wir warten«, höre ich im zuckersüßen Ton von meiner Mutter. Soll heißen, beweg deinen Arsch her, ich habe hunger.
Es ist wie ein Sprung ins kalte Wasser. »Pflastermethode?«, frage ich Simon.
152. Simon
Fast muss ich lachen. Pflastermethode. Das gefällt mir.
»Das ist eine sehr gute Idee. Lieber schnell, dann schmerzt es weniger.«
Zumindest hoffe ich das. Ganz wohl ist mir nicht, zumal ich Dominiques Mutter ja doch als sehr unfreundliche Frau kennengelernt habe, die mich absolut nicht leiden kann. Allerdings beruht das wohl auf Gegenseitigkeit.
Wir gehen in die Küche, in der ihre Eltern sich gerade leise unterhalten haben. Als wir eintreten, stoppt die Unterhaltung jäh. Kein gutes Zeichen.
Beide grüßen. Ihre Mutter sehr verhalten und schnippisch und ihr Vater freundlich wie immer. Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich zwei Menschen sein können und trotzdem eine Ehe führen.
»Setzt euch«, fordert ihre Mutter, dreht sich wieder zum Herd und fängt an, den Inhalt der Töpfe auf Schüsseln zu verteilen. Oh ha. Das ganz große Brimbamborium. Was wird uns nur erwarten?
Dominique und ich wechseln einen unheilvollen Blick.
153. Niki
Immer mehr stellt sie auf den Tisch und ich frage mich schon, ob sie denkt, dass wir für eine Arme essen?
»Setz euch doch«, sagt mein Vater und nur zögerlich nehme ich auf dem Stuhl Platz.
»Kommt Oma und Markus auch noch?« Den Kommentar kann ich absolut nicht herunterschlucken.
Meine Mutter presst ihre Kiefer aufeinander. »Nein«, zischt sie zwischen den Zähnen hindurch.
Leise seufzend setzt sich Simon neben mich.
»Da die Laune gerade eh schon am Gefrieren ist«, beginne ich zu reden. »Was soll das alles?«
»Wir wollen ihn kennenlernen«, meint mein Vater und nimmt den Stuhl mir gegenüber.
»Passt dir was nicht oder besser gesagt, dies nicht?«, knurrt meine Mutter und donnert das Besteck auf den Tisch.
»Wenn du mir mal richtig zuhören würdest, wüsstest du, was mir nicht passt.«
»Was willst du noch von mir, Niki?«
»Nenn mich nicht Niki«, fauche ich und stehe auf. »Was ich will, das weißt du ganz genau.«
»Niki, Astrid«, sagt mein Vater.
»Was?«, zischen wir beide, wie aus einem Mund.
»Lass uns doch das Essen genießen und in Ruhe reden, es bringt nichts, jetzt schon wieder zu streiten.« Sein Blick geht zu Simon. »Lass es dir schmecken.«
Meine Mutter starrt meinen Vater an, ihre Lippen sind aufeinander gepresst und ich weiß, das nächste Donnerwetter ist nicht weit entfernt.
154. Simon
Die Stimmung hier gleicht der bei uns zu Hause, als meine Mutter noch bei uns lebte. Sofort habe ich wieder einen Stein im Magen und fühle mich an diese Zeiten erinnert. Der Hunger ist mir vergangen. Trotzdem greife ich zu, ich will nicht unhöflich sein. Doch ich schmecke nichts.
Dominique scheint es ebenso zu gehen. Ich sehe, wie ihre Hand zittert. Meine Hand greift unter den Tisch und ich streiche ihr über den Oberschenkel. Kurz geht ihr Blick zu mir und sie nickt kaum sichtbar.
Sie tut mir leid. Ein Gespräch kommt kaum in Gang. Ihr Vater versucht, die Stimmung zu überspielen, und fragt mir Löcher in den Bauch, während seine Mutter beharrlich schweigt und ihrer Tochter böse Blicke zuwirft.
Ganz gleich, was es ist, ich bin froh, wenn der Elefant im Raum als solcher benannt wurde und das Thema auf den Tisch kommt.
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