Neustart für Niki und Simon 12
Heute neue Einheiten 🙂 und da kommen noch sehr viel mehr
67. Niki
Schnaubend winke ich ab. »Der kann mir gar nichts.« Ich hebe den Block und das Aufgabenblatt hoch. »Du hast jedes Recht darauf gehabt, darauf zu bestehen, schließlich bist du verletzt. Und ich habe mich noch nie gerne an Regeln gehalten.« Tief und lang atme ich durch. Irgendwie will ich danke sagen, dass er nicht so ist wie die anderen, aber aus irgendeinen Grund, macht es mir Angst. »Also, willst du lieber Ärger bekommen und nicht ihm eine reinwürgen wollen?«
So schmunzelnd wirkt er wirklich süß. »Reinwürgen.«
»Gute Entscheidung.« Nach ein paar Schritten drehe ich mich zu ihm um. »Vorhin warst du aber um einiges schneller«, zieh ich ihn auf und laufe lachend weiter.
In dem freien Raum, wo ich und er die Arbeit erledigt haben, kommt, gerade als ich den letzten Satz geschrieben habe, meine Mutter herein. »Was machst du hier und warum bist du nicht im Unterricht?«
»Gruppenarbeit«, sage ich nur und klappe den Block zu.
»Warum hier?«
»Warum nicht?«
»Klassenzimmer sind dafür da.«
»Wir haben uns aber entschieden, mehr Ruhe hier zu haben. Davon abgesehen, war die Gruppenaufteilung fürn Arsch.«
»Niki«, faucht sie und reibt ihre Lider. »Es hat einen Sinn.«
»Klar ihn zu demütigen und bei mir, ich schätze mal, um zu zeigen, wie toll du mir den Lernstoff beigebracht hast.«
Sie blickt zu ihm. »Wieso?«
»Na, weil er ersten mit Zicken in eine Gruppe musste und dann sollte er zu ihnen, obwohl er verletzt ist, das ist Mobbing.«
Sie bekommt Schnappatmung und rennt davon.
»Tut mir leid«, sage ich zu ihm.
68. Simon
Ich muss lachen. »Nicht schlimm. Irgendwie sind Mütter alle gleich. Du hast meine doch gestern erlebt. Die beiden können sich hervorragend zusammentun und ein Kaffeekränzchen veranstalten. Dabei können sie ja dann erzählen, wie schlimm ihre Kinder sind.«
Nun lacht sie. Ich bin mal gespannt, ob ihre Mutter gleich wieder angezischt kommt. Doch was solls? Ärger ist eh vorprogrammiert.
Wir machen unsere Aufgaben. Erstaunlicherweise kommen wir hervorragend mit einander zurecht und alles ist schnell erledigt.
»Sollen wir zurück?«, frage ich und bete innerlich, dass sie verneint. Ich habe keine Lust auf das Theater.
»Nein, wozu?«
»Recht hast du«, bemerke ich. Dann seufze ich und strecke mich vorsichtig. »Mist, das tut echt ganz schön weh. Wäre ich doch einfach zu Hause geblieben. Hätte es keinen Ärger gegeben. Weder für dich, noch für mich.«
69. Niki
Ich lache auf. »Glaub mir, wenn überhaupt, wirst nur du Ärger bekommen. Meine Eltern sind … sagen wir so, sehr Inkonsequenz. Und hier, das ist der einzige Vorteil, den ich habe, dass sie hier an der Schule ist. Sie will kein schlechtes Licht auf ihre Erziehung, also wird es unterm Tisch gekehrt. Was denkst du, warum ich einfach beim Baumgartner gehen konnte und er nicht dir hinterher ist, obwohl seine Ader an der Stirn so aussah, als wenn sie gleich platzt.« Gähnend reibe ich mein Genick. »Also was hast du angestellt, dass er so ein Arsch ist gegenüber dir?«
Simon zuckt mit den Schultern.
Ich stehe auf und gehe ans Fenster. Keine Ahnung, warum ich ihn das überhaupt gefragt habe. Die beiden Fensterflügel öffne ich und atme tief ein. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Zicken und streiten kann ich, eine normale Konversation, habe ich schon lang nicht mehr geführt. Seit der Dritten bin ich alle paar Monate umgezogen. Anfangs habe ich mir noch Freunde gesucht und jedes Mal gehofft, das wird das letzte Mal sein, dass ich Kartons auspacken muss. Die Realität ist aber eine andere. Das Schlimme daran ist, dass ich hier in dieser chaotischen Gegend, mal wieder das Gefühl habe, angekommen zu sein. Liegt das vielleicht an ihm?
Ich blicke über die Schulter. »Was?«, will ich wissen, weil er mich ansieht.
70. Simon
»Nichts. Du siehst nur entspannt aus. Das ist sehr selten«, gestehe ich. »Ich habe weniger was bei Baumgartner angestellt. Eher mein Vater und ich muss das gerade ausbaden.«
Sie sieht mich mit großen Augen an und ich seufze. Wenn wir denn schon gerade dabei sind, einen Seelenstriptease hinzulegen, gleiches Recht für alle.
»Mein Vater ist Staatsanwalt hier in der Stadt. Und Baumgartner hat wohl ziemlichen Mist gebaut. Was genau weiß ich nicht. Er darf halt nicht drüber sprechen. Auf jeden Fall muss er Baumgartner extrem geschrubbt und nieder gewalzt haben. Und das kann der Alte nicht verdauen und hegt jetzt seinen Hass. Und den pflegte er sehr gründlich, wie du merkst.«
Sie sah mich ziemlich entsetzt an. Ich zucke mit den Schultern. »Wenns mir zu blöd wird, kann ich meinem Vater Bescheid sagen. Nur denke ich, dass der Griesgram dann postwendend mit einem Karton vor der Schule auf dem Boden sitzt. Mit meinem Alten ist mal gar nicht zu spaßen, wenn der jemanden gefressen hat. Das ist nicht mal ein müdes Fingerwinken bei ihm. Und ich möchte nicht, dass Baumgartner auch noch seinen Job verliert. Da er aber weiß, dass mein Alter ihn in der Hand hat, wird er nicht viel machen außer sich wahrscheinlich an meinen Noten vergreifen und mich anderweitig versuchen zu demütigen.«
71. Niki
Ich lehne mich an dem Fensterbrett an und beginne zu lachen, weil mir gerade was in den Kopf kommt.
»Was ist daran so lustig?«, fragt er und klingt ein wenig gereizt.
»Entschuldige, aber ich habe grade das Bild von Snap und Harry im Kopf.«
Sein Blick kurz verständnislos, bevor er lachend mein: »Ja, so gesehen.«
Gerade als ich mich beruhigt habe, geht die Tür auf und ein paar Schüler kommen herein. Sie sehen uns an, als wenn wir hier etwas Verbotenes gemacht hätten. Wie ich sowas hasse.
»Lass uns zurückgehen, wir sind ja fertig mit der Arbeit.« Schnell nehme ich meine Sachen und will eigentlich nur flüchten. Es sind mir eindeutig zu viele hier in dem Zimmer. An der Tür bleibe ich stehen und warte auf Simon.
»Weißt du was, ich bring ihm unsere Arbeit und du kannst schon mal runter zur Pause gehen.«
Ohne wirklich auf eine Antwort zu warten, gehe ich los. Als ich die Tür öffne, kommen die anderen heraus. Ich reiche dem Lehrer die Gruppenarbeit.
»Dominique.«
»Was?«
»Ich werde so etwas nicht wieder erlauben.«
»Was wollen sie tun?«
»Note Sechs?«
Ich recke mein Kinn und trete einen Schritt auf ihn zu. »Die nehme ich gerne, aber wissen Sie was?«
Er sieht mich herausfordernd an.
»In ein paar Monaten bin ich hier weg und ich gehe mein Leben weiter, aber Sie bleiben hier. Was kümmert mich das, wenn sie meine Noten versauen, an der nächste Schule starte ich neu.« Ich trete noch näher. »Aber ich, kann Ihnen das Leben ruinieren. Daher lassen Sie mich und Simon in Ruhe!«
72. Simon
Ich warte im Hof auf sie und bin dankbar, dass ich mich mit Baumgartner nicht noch mal anlegen muss. Grundsätzlich kann es mir egal sein. Doch ich habe auf diese Zeitverschwendung keine nerven.
Gerade kommt sie aus dem Gebäude und zu mir. »Und, was sagt die alte Krähe?«, frage ich grinsend.
»Krähe? Dein Ernst?«, prustet sie los.
»Ja, der heißt bei mir nur Krähe. Schau ihn dir doch an. Der sieht aus wie ein zerrupfter, alter Rabe. Selbst die Stimme kommt dem Krächzen nach. Boar und die fettigen Haare. Gott. Ich habe immer Angst, der kommt mir zu nah. Wasser muss echt furchtbar ätzend auf der Haut und den Haaren sein.«
Ich schüttel mich wie ein Hund und werfe meine Haare wie eine angedeutete Tolle von rechts nach links. Die Krähe hatte seine Haare so lang wachsen lassen auf einer Seite, dass er damit seine kahle Kopfhaut bedecken konnte. Das sieht immer aus wie gewollt und nicht gekonnt.
Von Anfang an lesen, dann klickt hier
Weiter geht es hier, sobald er online ist